Das "Spatzen-Nest"

"Klein und fein"

 

Unser Vereinsdomizil, die ehemalige Freibank, ist eines der ältesten, noch bestehenden Gebäude der Stadt Bietigheim und kann auf eine lange und wechselhafte Geschichte zurückblicken. Daher paßt dieses Gebäude sehr gut zum ältesten Fasnetverein der Stadt.

 

Mit dem Begnadigungsbrief vom 28.08.1364 erhielt Bietigheim von Kaiser Karl IV. das Stadtrecht, "... daz sie zu dem Dorfe zu Butinkeim eine gemurte stad machen und .... (mit) muren turmen pforten erkern ... wie sie wolln vesten und bewaren ... mogen..."[1]. Dank diesem Stadtrecht konnte nun Bietigheim also befestigt werden und eine gemauerte Stadtmauer erhalten. Bietigheim war als Viertoranlage konzipiert[2], wovon heute nur noch das 'Untere Tor' erhalten ist. Die restlichen Tore sind im Lauf der Zeit ebenso verschwunden, wie große Teile der Stadtmauer und, bis auf den Pulverturm, die vielen Türme, die Bietigheim früher hatte.

 

Bis 1507 verlief die Niederländische Weinstraße vom Unteren Tor über die Hauptstraße und dann über die Schieringer Straße. Dort verließ sie die Stadt durch das Schieringer Tor, das als Doppeltoranlage angelegt war. Ein Torturm in der Stadtmauer, davor ein Zwinger, und danach ein weiterer Torturm[3]. Vermutlich wurden die Tore direkt nach 1364 erstellt, denn die verwendeten Buckelquader (am Unteren Tor noch gut sichtbar) stammen von der ehemaligen Bietigheimer Burg und wurden auch am Schieringer Tor verwendet. An der Nordseite der Freibank sind diese 'recycelten' Buckelquader gleichfalls noch gut sichtbar, so daß man davon ausgehen kann, daß die Grundsubstanz dieses Gebäudes bis zum Jahr 1364 zurückgeht[4].

 

Die Freibank war ehemals ein Teil der Toranlage, und diente, vermutlich als 'Armbrusthaus', als Waffenarsenal für die Bietigheimer Bürger, die ja die Stadtmauer verteidigen mussten. Diese Toranlage bestand, auch nach Verlegung der Niederländischen Weinstraße 1507, noch sehr lange weiter und wurde um 1820 abgebrochen. Das Wappen von 1472, das sich an der Außenwand zur Schieringerbrunnenstraße befindet, hat mit dem Gebäude selbst nichts zu tun und wurde vermutlich beim Abbruch der Toranlage hierher versetzt.

 

Außerhalb des Schieringer Tores befand sich bis 1668 eigentlich kein nennenswertes Gebäude,  wenn man von einer Wallfahrtskapelle absieht. 1668 genehmigte die Stadt den Bau von Handwerkerhäusern, Töpferbrennöfen und ein öffentliches Waschhaus[5]. Die Stadt 'ging also aus den Nähten'. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Areal vor dem Schieringer Tor als Bauland verkauft und nach und nach bebaut - es entstand die Löchgauer Vorstadt[6]. So wurde durch die städtische Expansion das Schieringer Tor zusehends entbehrlich, bis es dann, wie oben erwähnt, um 1820 abgebrochen wurde.

 

Da man nun auch kein Waffenarsenal mehr benötigte, wurde aus unserem Armbrusthaus ein öffentliches Waschhaus, das, mit Wasserzuleitung, Kesseln und Zubern ausgestattet, gegen Gebühr genutzt werden konnte[7]. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts bis in die 60-er-Jahre war unser Gebäude, inzwischen recht desolat, städtische Freibank. Und aus dieser Zeit resultiert auch seine derzeitige Bezeichnung. Danach diente es verschiedenen Nutzern als Lagerraum und verkam immer mehr.

 

Im Rahmen der Altstadtsanierung, der Sanierung der Schieringerstraße und im Hinblick auf die 1200-Jahr-Feier der Stadt Bietigheim in 1989, wurde auch unser Gebäude 'restauriert', diente aber weiter als Lager- und Arbeitsraum.

Anläßlich des Rathaussturmes 2001 und der hier geäußerten Bitte nach einem 'kleinen Spatzennest', erklärte OB List, zunächst eigentlich im Scherz, er hätte zwei Gebäude 'übrig'. Dies sei zum einen das Backhaus an der Musikschule (Motiv des Jahresorden 2010/2011), zum anderen die 'Freibank'.

 

Dieser Scherz wurde, im Falle der Freibank, von den Wobachspatzen allerdings für bare Münze genommen. Leider bestand jedoch ein Mietverhältnis, das einer Überlassung doch ziemlich im Weg stand. Andererseits war die Basis für dieses Mietverhältnis, nämlich der Wunsch der Stadt, daß dieses Gebäude 'belebt' sein sollte, nicht mehr gegeben. So kam es schließlich, daß, nach mehreren Gesprächen, den Wobachspatzen tatsächlich die Freibank angeboten wurde, allerdings mit der Maßgabe, sie entsprechend zu renovieren und - mit Leben zu füllen.

 

Am 25.05.02 trafen sich einige Wobachspatzen zum ersten Arbeitseinsatz in der 'Freibank' - und in der Folge noch an vielen weiteren Tagen. Es wurde geputzt, gehämmert, geschliffen und gepinselt, bis schließlich  unser Spatzennest fertig war!

 

Ein kleiner Vereinsraum, groß genug für Sitzungen und Besprechungen, ein kleines, aber feines Domizil, ein wahres Schmuckstück, eben unser  Spatzen-Nest!



[1] Bietigheim 789 - 1989, S. 164

[2] Bietigheim 789 - 1989, S. 170

[3] Bietigheim 789 - 1989, S. 170

[4] Bietigheim 789 - 1989, S. 195

[5] Bietigheim 789 - 1989, S. 360

[6] Bietigheim 789 - 1989, S. 557

[7] Bietigheim 789 - 1989, S. 563

Spatzennest-Neu-Eröffnung am 06.01.2010

 

Rege genutzt kam aber auch unser Nest in die Jahre. Die Renovierung wurde öfters ins Auge gefasst, jedoch immer wieder verschoben.

Dann, im Sommer 2009, war es endlich so weit, und die Renovierung begann. Die Arbeiten zogen sich bis in den Winter 2009, aber am 06.01.2010 war die Neu-Eröffnung - Die Spatzen hatten wieder ihr Nest!

 

Und ein Schönes obendrein. Fast alle Spatzen kamen, um das Ereignis mit Roter Wurst und Brötchen zu feiern, die der Burghofkoch Uwe selbstredend persönlich vorbei gebracht hatte.

Kontakt

CVB Wobachspatzen '60 e.V.
Postfach 1825
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